Montag, 16. Mai 2011

Jeder Mensch hat das Bedürfnis zu lieben - In der Atmung liegt das Geheimnis des Lebens - Wenn wir einen Glauben haben, ist uns das Leben kostbar ...

Das sind zentrale Sätze aus Alexander Lowens Buch "Depression. Unsere Zeitkrankheit. Ursachen und Wege der Heilung". Es ist fast dreißig Jahre her, dass ich es durchgearbeitet habe. Ja, ich habe es damals durchgearbeitet, Seite für Seite sehr bewusst aufgenommen, denn wie Lowen so klar und deutlich die Bedeutung des Körpers für die Seele in den Mittelpunkt rückt, das hatte ich bis dato nirgendwo gelesen. Und noch heute bin ich fasziniert, wie es ihm gelingt, die Bedeutung des Glaubens als eines Körperausdrucks deutlich zu machen und was einen no-body von einem jemand unterscheidet.
Vorweg möchte ich für denjenigen, der den Mann nicht kennt, ihn kurz vorstellen
A.Lowen - er ist übrigens 2008 im Alter von 98 Jahren verstorben -, Verfasser zahlreicher Bücher, Arzt und Psychotherapeut, ist Begründer der Bioenergetik; sein zentrales Anliegen war es, die Bedeutung des Körpers für die Heilung der Seele deutlich werden zu lassen. Ein Weg der Heilung bzw. ein sinnvoller Weg, gesund zu bleiben, führt seiner Meinung nach über ein bewussteres Wahrnehmen unseres physischen Seins; hierfür empfahl er einfache körperliche Übungen, die die Atmung fördern und unterdrückte Energien mobilisieren. Die leib-seelische Gesundheit bzw. Gesund-Werdung beruhte für ihn also darauf, auf beiden Beinen - mit Körper und Seele - durch das Leben zu gehen.
Lowens Sichtweise geht vom Körper aus und unbestreitbar ist in jedem Fall sein Verdienst, die Bedeutung des Körpers für ein umfassendes Gesund-Sein einer interessierten Leserschaft transparent gemacht zu haben. 
Und nun ein Auszug aus dem oben erwähnten Buch:
"Jeder Mensch hat das Bedürfnis zu lieben, und er braucht das Gefühl, dass seine Liebe angenommen und in gewissem Maß erwidert wird. Liebe und Fürsorge setzen uns in Beziehung zur Welt und geben uns das Gefühl, zum Leben zu gehören. Geliebt zu werden ist nur insofern wichtig, als es den aktiven Ausdruck unserer eigenen Liebe erleichtert. Man wird nicht depressiv, wenn man derjenige ist, der liebt. Durch Liebe drückt man sich aus und bestätigt sich in seinem Sein und seiner Identität.
Selbstausdruck ist ein weiteres Grundbedürfnis aller Menschen und aller Geschöpfe. Das Bedürfnis nach Selbstausdruck liegt aller schöpferischen Tätigkeit zugrunde und ist die Quelle unserer größten Lust [. . .] Bei vielen Leuten beschränkt er sich auf einen kleinen Bereich des Lebens, gewöhnlich ihre Arbeit oder ihr Geschäft, und selbst auf diesem eng begrenzten Gebiet ist der Selbstausdruck eingeschränkt, wenn der Betreffende zwanghaft oder mechanisch arbeitet. Sein Selbst erlebt man durch Selbstausdruck, und das Selbst verblasst, wenn die Wege des Selbstausdrucks verschlossen sind.
Das Selbst ist im Grunde ein körperliches Phänomen, und Selbstausdruck bedeutet daher den Ausdruck des Gefühls. Das tiefste Gefühl ist Liebe, aber alle Gefühle sind Teil des Selbst, und eine gesunde Persönlichkeit kann sie zum Ausdruck bringen. Tatsächlich bestimmt der Umfang der Gefühle, die jemand ausdrücken kann, die Fülle seiner Persönlichkeit [. . .] Die Mittel, mit denen Gefühle ausgedrückt werden, sind die Stimme, die Körperbewegung und die Augen. Wenn die Augen trüb sind, die Stimme tonlos und die Motilität eingeschränkt ist, sind diese Möglichkeiten versperrt [. . .]
Zu den von vielen von uns so hartnäckig verfolgten Zielen gehören Reichtum, Erfolg und Ruhm (Berühmtheit). In unserer Kultur ist es etwas Mystisches, reich zu sein. Wir teilen die Leute ein in „Besitzende“ und „Besitzlose“. Wir glauben, die Reichen seien insofern privilegiert, als sie die Mittel besitzen, sich ihre Wünsche zu erfüllen und daher sich selbst zu verwirklichen. Leider ist es für viele Menschen keineswegs so. Die Reichen werden ebenso depressiv wie die Armen. Keine noch so große Summe Geld kann einem die Art von innerer Befriedigung verschaffen, die allein das Leben lebenswert macht. In den meisten Fällen zieht der Drang, Reichtum zu erwerben, Kräfte von Tätigkeiten ab, die schöpferischer sind und mehr dem Selbstausdruck dienen, wodurch eine geistige Verarmung zustande kommt.
Reichtum und Ruhm sind etwas verschiedene Kategorien. Der Drang nach Erfolg und Ruhm beruht auf der Illusion, sie steigerten nicht nur unsere Selbstachtung, sondern auch die Achtung anderer vor uns, und sie könnten uns die Geltung und Billigung verschaffen, die wir zu brauchen scheinen. Ja, sie vergrößern unsere Selbstachtung und vermehren unser Ansehen in der Gemeinde. Aber diese Scheingewinne bedeuten wenig für den inneren Menschen. Zu viele erfolgreiche Leute haben schon auf dem Gipfel des Erfolgs Selbstmord begangen. Noch nie hat jemand durch seinen Ruhm wahre Liebe gefunden, und nur wenige haben durch ihn ihr Gefühl innerer Einsamkeit überwunden. Gleichgültig, wie laut der Beifall oder wie heftig der Jubel der Menge sein mag, er lässt das Herz unberührt. Zwar werden diese Ziele in der Massengesellschaft glorifiziert, aber das wirkliche Leben wird immer noch auf einer ganz persönlichen Ebene gelebt.
Wir können daher ein unwirkliches Ziel als ein Ziel definieren, an das sich unrealistische Erwartungen heften. Das wirkliche Ziel, das hinter dem Drang nach Geld, Erfolg oder Ruhm steckt, ist Selbst-Annahme, Selbst-Achtung und Selbst-Ausdruck. Arm zu sein, ein Versager oder ein Unbekannter zu sein, bedeutet für viele, ein „Niemand“ zu sein, daher auch nicht wert, geliebt zu werden, und unfähig zu lieben. Aber wenn einer glaubt, Reichtum, Erfolg oder Ruhm könnten aus einem „Niemand“ einen „Jemand“ machen, gibt er sich einer Täuschung hin. Der Erfolgreiche mag wie ein „Jemand“ wirken, weil ihn die äußeren Anzeichen der Wichtigkeit umgeben: kostbare Kleidung, Autos, ein repräsentatives Zuhause und die Aura der Berühmtheit. Er mag den Anschein erwecken, „jemand zu sein“, aber der Anschein ist etwas Oberflächliches, das oft nur wenig Bezug zum inneren Leben hat. 
Tatsächlich weist der Umstand, dass jemand den Anschein erwecken muss, „jemand zu sein“, darauf hin, dass er im Inneren das Gefühl hat, „niemand“ zu sein. 
Dieses Gefühl ist die Folge der Trennung des Ichs vom Körper. Wer sich mit seinem Ich identifiziert und die Bedeutung des Körpers leugnet, hat keinen Körper (no body). Der Verlust des Körpergefühls, der dem Gefühl gleichkommt, ein „Niemand“ (no body) zu sein, zwingt einen, an die Stelle der Wirklichkeit des Körpers ein Vorstellungsbild zu setzen, das auf einer gesellschaftlichen, politischen oder wirtschaftlichen Stellung beruht.
Wenn wir den wirklichen Menschen hinter der Fassade sozialen Verhaltens erkennen wollen, müssen wir seinen Körper anschauen, seine Gefühle spüren und seine Beziehungen verstehen. An seinen Augen können wir ablesen, ob er lieben kann, sein Gesicht zeigt uns, ob er sich selbst ausdrückt, und seine Bewegungen lassen den Grad seiner inneren Freiheit erkennen. Wenn wir mit einem lebendigen, pulsierenden Körper in Kontakt kommen, spüren wir sofort, dass wir in Gegenwart eines „Jemand“ sind, gleichgültig, in welcher gesellschaftlichen Stellung er sich befindet. Und was man auch lehren mag: Das Leben wird in Wirklichkeit auf dieser persönlichen Ebene gelebt, wo ein Körper sich zu einem anderen in Beziehung setzt oder wo ein Körper zur natürlichen Umgebung in Beziehung tritt. Alles Übrige ist Kulisse, und wenn wir die Kulisse mit dem Drama des Lebens verwechseln, fallen wir wirklich einer Täuschung anheim [. . .]
In der Atmung liegt das Geheimnis des Lebens, denn durch den Nahrungsstoffwechsel liefert sie die Energie, die die Lebensflamme speist. Aber sie tut noch mehr. Wie Dürckheim sagt: „Wir haben im Atem immerzu unbewusst teil am größeren Leben.“ Der Grund für diese Aussage liegt darin, dass die Atmung ein Vorgang der Ausdehnung und Zusammenziehung des gesamten Körpers ist, der zugleich bewusst und unbewusst abläuft. Die gesunde Atmung ist weitgehend unbewusst, aber durch die Körperempfindungen, die aus voller und tiefer Atmung entstehen, werden wir uns der pulsierenden Lebendigkeit unseres Körpers bewusst und spüren, dass wir eins sind mit allen pulsierenden Geschöpfen in einem pulsierenden Universum.
Damit jemand diesen Zustand des Einsseins und der Selbstanschauung erreicht, muss seine Atmung eine tiefe Bauchatmung sein. Die Einatmungswelle geht vom Bauchinnern an einer Stelle aus, die die Japaner das vitale Zentrum des Menschen nennen. Während sie sich aufwärts bis zur Kehle und zum Mund bewegt, ruft sie eine Einatmung hervor. Die Ausatmungswelle geht in die Gegenrichtung und führt zu einer Ausatmung. Man kann beobachten, wie diese Wellen entweder als volle und freie oder als eingeschränkte und krampfhafte Bewegungen durch den Körper gehen. Jedes Gebiet der Gespanntheit blockiert die Welle und entstellt die Wahrnehmung des Pulsierens. Man kann Blockierungen dieser Art feststellen, die sich vom Kopf bis zu den Füßen erstrecken [. . .]
Starke Menschen haben einen Glauben, und Leute, die einen Glauben haben, sind stark. Man kann beides nicht voneinander trennen, denn eins spiegelt das andere. Der Glaube eines Menschen ist ein Ausdruck seiner ihm als Lebewesen innewohnenden Vitalität, genau wie seine Vitalität ein Maßstab für sein Vertrauen zum Leben ist. Beide sind von der Wirksamkeit biologischer Vorgänge im Organismus abhängig. Antoine de Saint-Exupéry hat in seinem wunderbaren Buch Wind, Sand und Sterne eine ähnliche Krisensituation beschrieben. Während eines Nachtfluges, auf dem der Wind ihn von vom Kurs abgetrieben hatte, war er in der Wüste abgestürzt. Er und sein Bordmechaniker wussten nicht, wo sie waren, und beim Absturz waren ihnen Nahrungsmittel und Wasser fast ganz abhanden gekommen. Sie hatten zu zweit nur einen halben Liter Wein, einen halben Liter Kaffee, einige Weintrauben und zwei Orangen. Drei Tage lang erkundeten sie die Wüste um das Flugzeug herum, während sie auf ihre Rettung warteten. Am vierten Tag verließen sie, vom Durst geplagt, das Flugzeug und machten sich auf den Marsch, wobei sie wussten, dass sie in der Wüste höchstens neunzehn Stunden ohne Wasser durchhalten konnten.
Sie machten sich ohne Hoffnung auf den Weg, und sie hatten tatsächlich keinen Grund, auf Rettung zu hoffen. Aber während der nächsten zwei Tage legten sie, obwohl sie von der Sonne verbrannt wurden, zu Fuß etwa 200 km zurück. Was sie aufrechterhielt, sagt Saint-Exupéry, war die Vorstellung, dass ihre Lieben zu Hause mehr litten als sie. Die meiste Zeit waren sie zu benommen, um irgend etwas zu fühlen, aber eine Kraft aus einer Quelle in unauslotbarer Tiefe veranlasste sie, so lange weiterzugehen, wie sie Atem holen und einen Schritt tun konnten. Ich würde diese Quelle als den Glauben an das Leben bezeichnen. Solange dieser Glaube besteht, gibt man nicht auf. Als ich Saint-Exupérys Geschichte las, spürte ich, dass ein solcher Glaube diesen Mann kennzeichnete. Er zieht sich durch alles, was er geschrieben hat [. . .]
Wenn man einen Glauben hat, kann man Vertrauen in die Zukunft setzen, selbst wenn sie im Augenblick nicht zu verheißen scheint, dass die Bestrebungen, Hoffnungen oder Träume, die man hegt, je Wirklichkeit werden. Aber nicht die Bindung an eine persönliche Zukunft ist wesentlich für den Glauben. Die Geschichte ist überreich an Beispielen von Leuten, die ihre individuelle Zukunft um ihres Glaubens willen geopfert haben. Viele sind lieber gestorben, als ihren Glauben aufzugeben. Das kann nur heißen, dass für sie ein Leben ohne Glauben sich nicht lohnte. [. . .]
Wenn wir einen Glauben haben, ist uns das Leben allgemein kostbar. Wegen dieser Ehrfurcht vor dem Leben geben wir uns die größte Mühe, ein einzelnes Leben zu retten, womit auch das Leben eines Tieres gemeint sein kann. Wenn wir das Gefühl dafür verlieren, dass jedes Leben kostbar ist, geben wir unsere Menschlichkeit auf, was unweigerlich zur Folge hat, dass unser eigenes Leben leer und sinnlos wird [. . .]
Nun kann man zwar Glaubensunterschiede als Rechtfertigung und Rationalisierung für Kriege und Eroberungen gebrauchen, aber ich glaube nicht, dass sie der wahre Beweggrund sind. Dieser ist im Kampf um die Macht zu suchen. [. . .]
Menschen, die der Macht vertrauen, scheinen nie genug zu haben, um sich vollständige Sicherheit zu verschaffen. Das liegt daran, dass es vollständige Sicherheit nicht gibt.  Und unsere Macht über die Natur oder über unseren eigenen Körper ist eng begrenzt. Hitler wollte die Welt durch seine Macht beherrschen und ein Drittes Reich schaffen, das tausend Jahre dauern sollte. Sein Traum fiel in zwölf Jahren in Schutt und Asche. Der Glaube, Macht garantiere Sicherheit, ist eine Illusion, die den wahren Glauben an das Leben untergräbt und unweigerlich zur Zerstörung führt . . .  Sie scheint zwar ein gewisses Maß an äußerer Sicherheit zu bieten, aber sie schafft auch einen Zustand der Unsicherheit, sowohl im Inneren des Individuums als auch in seinen Beziehungen zu anderen [. . .]
Egoismus und Glaube sind einander diametral entgegengesetzt. Einem Egoisten geht es nur um seine Vorstellung; einem Mann des Glaubens geht es ums Leben [. . .]
Man kann nur wenige Menschen als totale Egoisten bezeichnen, aber in unserer Gesellschaft sind mehr Menschen auf der Seite des Ichs zu finden als auf der Seite des Glaubens. Unsere Kultur, unsere Erziehung und unsere gesellschaftlichen Einrichtungen begünstigen die Ich-Position. Der größte Teil der Werbung arbeitet mit Appellen an das Ich. Die Schulbildung fördert die Ich-Position durch ihre starke (und nach meiner Ansicht übertriebene) Betonung des abstrakten Denkens. Das abstrakte Denken trennt meistens das Individuum von seiner Umwelt, sowohl der menschlichen als auch der naturgegebenen. Es hat natürlich dem Menschen die unermessliche Macht gegeben, die er besitzt, aber das ist auf Kosten seines Glaubens geschehen [. . .]
Wir glauben anscheinend fest an die Macht der Schulerziehung. Aber sie ist nicht darauf ausgerichtet, das Herz des Menschen zu erreichen. Sie will den Geist unterrichten; sie kann daher Ansichten verändern, ohne den Glauben im geringsten zu beeinflussen  [. . .]
Ich bin sicher, wir alle haben schon gesehen und sind beeindruckt gewesen davon, wie weit der Jungvogel Schnabel und Körper aufmacht, um das von der Mutter Angebotene zu empfangen.
Ein Säugling öffnet sich und sucht in der gleichen Weise nach der Brust, um sie zu empfangen. Es ist nicht nur der Mund, der sich öffnet, sondern die Kehle und der Körper, nicht nur die Lippen und Hände greifen aus, sondern das ganze Sein des Kindes. Das Sich-Öffnen und das Ausgreifen beginnt als eine Welle der Erregung im Mittelpunkt des Körpers, die aufwärts durch die Brust und hinaus durch die Arme, die Kehle, den Mund und die Augen strömt. Das begleitende Gefühl kann man beschreiben als ein Ausgreifen vom Herzen aus oder ein Sich-Öffnen, das bis ins Herz hineinreicht und das Herz einbezieht. Der Säugling öffnet sich und greift mit Liebe aus und kann die Liebe in sich hineinnehmen, die ihm angeboten wird.
Das Öffnen der Persönlichkeit bedeutet ein Öffnen des Herzens eines Menschen, so dass er fähig ist, Liebe auszudrücken und zu empfangen. Dies ist keine Metapher, sondern eine physische Reaktion. Ein Herz ist offen, wenn das Gefühl oder die Erregung im Herzen frei in die Arme oder durch die Kehle und in den Mund und die Lippen oder aufwärts und in die Augen strömen kann. Genau wie Impulse auf diesen Wegen nach außen strömen, so strömen Eindrücke auf ihnen nach innen. Ein offener Mensch spürt die Zuneigung, die andere für ihn empfinden, in seinem Herzen. Das Gefühl strömt vom Herzen aufwärts und abwärts im Körper [. . .]
Wenn wir von jemand sagen, er habe ein verschlossenes Herz, meinen wir, man könne an sein Herz nicht herankommen. Sollte das Herz sich jemals verschließen, würde der Mensch sterben. Man kann jedoch die Wege zum Herzen von oben wie von unten her verengen und beschränken. Und man kann durch Muskelverspannungen, die die Brust starr und unbeweglich machen, den Brustkorb in ein Gefängnis verwandeln. Die starre, geblähte Brust sagt in der Körpersprache: „Ich will dich nicht nah an mein Herz heranlassen.“ [. . .]
Wer nicht in Kontakt mit seinem Körper ist, weiß nicht, dass er verschlossen ist. Er spricht von Liebe, er macht sogar einige Liebesgesten, aber da er nicht mit dem Herzen bei seinen Worten oder Taten ist, können sie nicht überzeugen. Er weiß, wie wichtig Liebe ist, daher versucht er, auf indirektem Weg die Liebe zu bekommen, die er braucht. Er wird versuchen, anderen zu helfen, ohne zu erkennen, dass er seine eigenen Bedürfnisse auf sie projiziert. Da er auch sich selber verschlossen ist, verlegt er sein Problem in die Außenwelt, außerhalb seiner selbst [. . .] Da er verschlossen ist, berührt es ihn nicht, wie andere auf ihn reagieren; dadurch wird er nie das Gefühl los, die anderen täten nie genug [. . .]
Wenn jemand mit seinem Körper in Fühlung kommt, eröffnet sich ihm eine neue Art, sich selber zu verstehen, die sich allmählich in Selbstannahme verwandelt. Diese Verwandlung findet statt, während das „In-Fühlung-Kommen“ dem „In-Fühlung-Sein“ weicht [. . .]
In Fühlung sein bedeutet, dass man seines Körpers gewahr ist, seines Ausdrucks, seiner Offenheit und seiner Verspannungsmuster. Wenn man mit dem körperlichen Selbst in Fühlung ist, funktioniert man nicht nur auf Grund einer Vorstellung im Geist, die mit diesem Selbst vielleicht gar nicht übereinstimmt. In Fühlung sein bedeutet auch, dass man in gewissem Maß begreift, welche Erfahrungen und Erlebnisse, besonders auf der körperlichen Ebene, die eigene Persönlichkeit geformt haben. Ich kann den Umstand nicht überbetonen, dass der Körper der Prüfstein für die eigene Realität ist. Wer glaubt, er kenne sich selbst, aber nicht in Fühlung mit Qualität und Sinn seiner physischen Reaktionen ist, täuscht sich."